Um volle Straßen und hohe Spritpreise zu umgehen, steigen viele Pendler auf den Schienenverkehr um. Doch von „freier Fahrt“ kann auch hier nicht immer die Rede sein. Verspätete und überfüllte Bahnen, Zugausfälle und defekte Ticketautomaten gehören zum Alltag des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs dazu. Der Partneranwalt von ROLAND Rechtsschutz, Dennis Brunke aus der Essener Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Herich, van der Meulen, Brunke, gibt fünf Tipps für eine gute Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Tipp 1: Ticketautomat streikt – ein Foto kann helfen
Es ist ein altbekanntes Problem: Der Ticketautomat nimmt Scheine oder Münzen nicht an, spuckt keine Fahrkarte aus oder ist ganz außer Betrieb. Wer nun aber glaubt, einfach ohne Ticket in den Zug steigen zu können, hat weit gefehlt. „Das Fahren ohne gültigen Fahrausweis gilt grundsätzlich erst einmal als Schwarzfahren – und damit als Straftat“, erklärt Rechtsanwalt Dennis Brunke. Kommt der Fahrgast nicht an ein Ticket, sollte er sich sofort an die kostenlose Service-Hotline des Verkehrsbetriebs wenden und dort die Störung melden. Dann kann der Reisende zwar in den Zug einsteigen, muss sich jedoch umgehend beim Personal melden. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Beweise sammeln: „Fahrgäste können zum Beispiel ein Foto vom defekten Automaten und von der Automaten-Nummer machen – oder aber andere Reisende als Zeugen hinzuziehen“, rät der Anwalt.
Tipp 2: Beschwerlicher Arbeitsweg – wie man Ärger mit dem Chef vermeidet
Witterung, technische Probleme, überfüllte Bahnsteige – aus den unterschiedlichsten Gründen rollen jeden Tag zahlreiche Züge unpünktlich am Bahnsteig ein oder fallen sogar komplett aus. Lange Wartezeiten machen den Weg zur Arbeit schnell zum Ärgernis. Noch schlimmer, wenn man dann auch noch ein wichtiges Meeting verpasst. Um sich zumindest den Rüffel vom Chef zu ersparen, gibt es aber eine Lösung: „Die Verkehrsbetriebe bieten den Reisenden mitunter an, Verspätungen schriftlich zu bestätigen. So lässt sich zumindest nachweisen, warum man nicht pünktlich zur Arbeit oder zum Termin erschienen ist“, erklärt Rechtsanwalt Dennis Brunke.
Tipp 3: Am Bahnhof gestrandet – Taxi nehmen oder im Hotel übernachten
Eine unangenehme Vorstellung: Mitten in der Nacht lässt der letzte Zug nach Hause auf sich warten – Ersatz ist weit und breit nicht in Sicht. Damit Fahrgäste nicht die Nacht am Bahnhof verbringen müssen, gibt es auch hier eine Lösung: „Steht kein anderes öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung, kann sich der Reisende ein Taxi nehmen und sich den Betrag – bis zu einer Höhe von 80 Euro – vom Verkehrsbetrieb erstatten lassen“, weiß der ROLAND-Partneranwalt. Wer mit dem Taxi nicht weit käme, kann sich für die Nacht sogar in einem Hotel einquartieren – solange der Preis für das Zimmer angemessen ist. Diese Regelungen gelten allerdings nur von Mitternacht bis fünf Uhr morgens. „Damit die Kosten später auch erstattet werden, sollte alles ordentlich dokumentiert werden.“ Das bedeutet: Beweise für die Verspätung sammeln, wenn möglich vom Bahnhofspersonal bestätigen lassen und Quittungen für Fahrten und Übernachtungen gut aufbewahren.
Tipp 4: „Verspätung ca. 60 Minuten“ – so bekommen Passagiere ihr Geld zurück
Jeder, der regelmäßig die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt, kennt die Durchsagen und Anzeigen zu Verspätungen und Ausfällen nur zu gut. Die verlorene Zeit bekommen Bahnreisende zwar nicht zurück, beim Fahrpreis stehen die Chancen aber schon besser. Rollt ein Zug mehr als eine Stunde zu spät am Bahnhof ein oder fällt er sogar komplett aus, können Fahrgäste ihr Geld zurückverlangen. „Wie viel des Fahrpreises der Reisende zurückbekommt, hängt von der Dauer der Verspätung und der Strecke ab, die er bereits zurückgelegt hat – und ob sich eine Weiterfahrt für ihn noch lohnt“, so der Rechtsanwalt. Passagiere können sich so entweder das Geld für eine Teilstrecke oder gar den kompletten Ticketpreis erstatten lassen. „Ist die Weiterreise für den Fahrgast sinnlos geworden, kann er sogar das Geld für die Rückfahrt einfordern.“
Tipp 5: Langes Warten und volle Züge – nicht eigenmächtig ausweichen
Während der eigene Zug auf sich warten lässt, fahren am Nachbargleis Schnellzüge in die gleiche Richtung ab. So verlockend es auch ist, Passagiere mit einem Ticket für den Nahverkehr dürfen dennoch nicht einfach in den ICE oder IC einsteigen. „Fahrgäste müssten erst eine gültige Fahrkarte für den entsprechenden Zug ziehen. Hat der eigene Zug mindestens 20 Minuten Verspätung, kann man sich den Fahrpreis für das neue Ticket erstatten lassen“, so der Rechtsanwalt. Die Ausnahme: Wurde der ICE oder IC offiziell von der Deutschen Bahn freigegeben, dürfen Fahrgäste einfach einsteigen. Die Bahn ist jedoch nicht verpflichtet, die schnelleren Züge als Ausweichmöglichkeit anzubieten – auch wenn dieser Irrglaube weit verbreitet ist. Und auch ein anderes Missverständnis hält sich hartnäckig unter Bahnfahrern: „Egal, wie überfüllt ein Zug auch sein mag, Reisende mit einem Ticket für die zweite Klasse dürfen sich nicht eigenmächtig einen Sitzplatz in der ersten Klasse suchen. In diesem Fall kann man aber das Bahnpersonal ansprechen. Dieses darf den Fahrgästen Plätze zuweisen“, weiß Rechtsanwalt Dennis Brunke.
Übrigens: Besonders günstige Spezial-Tickets wie das Schönes-Wochenende-Ticket oder das Länder-Ticket sind von vielen Sonderregelungen ausgeschlossen.
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Valentin Peter
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